TÜV-Verband fordert schärferes Vorgehen gegen Betrug bei Fahrerlaubnisprüfungen

Marc-Philipp Waschke, Referent Fahrerlaubnis, Fahreignung und Verkehrssicherheit des TÜV-Verbands kommentiert die Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)

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Berlin, 11. Februar 2022 – Zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) sagt Marc-Philipp Waschke, Referent Fahrerlaubnis, Fahreignung und Verkehrssicherheit des TÜV-Verbands:

„Die Technischen Prüfstellen für den Kraftfahrzeugverkehr haben in den vergangenen Jahren eine deutliche Zunahme an Manipulationsversuchen bei den theoretischen Fahrerlaubnisprüfungen registriert. Wir müssen außerdem von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Die jetzt geänderte Verordnung sieht vor, dass die Frist für die Wiederholung der Prüfung auf bis zu neun Monate festgelegt werden kann. Wir begrüßen, dass eine mögliche Sperrfrist von neun Monaten nun in der Verordnung ausdrücklich erwähnt wird. Bisher war noch eine Mindestsperrfrist von sechs Wochen vorgesehen, leider können nun durch die Neuregelung auch deutlich kürzere Sperrfristen als bisher verhängt werden. Für uns ist das eine Verschlimmbesserung. Jetzt kommt es darauf an, dass die Fahrerlaubnisbehörden rigoros den Spielraum ausnutzen und die Schwere der Täuschungshandlung bei der Verhängung einer Sperrfrist berücksichtigen. Von der Möglichkeit, Eignungsuntersuchungen anzuordnen, machen die Verwaltungsbehörden bisher nur wenig Gebrauch. Auch das sollte sich ändern, denn in vielen Fällen stellt sich die Frage, ob die Personen überhaupt die erforderliche Eignung für das Führen eines Kraftfahrzeugs haben. Wir müssen davon ausgehen, dass Fahranfänger, die in Prüfungen betrügen, wichtige Verkehrsregeln nicht kennen und Regeln bewusst missachten. Betrügereien bei der Fahrprüfung sind mehr als harmlose Schummeleien, sondern stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer dar.“

„Für die Täuschungsversuche wird häufig erheblicher Aufwand betrieben. Der Einsatz ausgefeilter technischer Mittel, der Missbrauch fremder Pässe oder Ausweise oder die Zuhilfenahme von Kontaktpersonen sprechen für ein hohes Maß an krimineller Energie. Mit der neuen Verordnung bleibt ein Schlupfloch, das geschlossen werden muss. Der Täuschung überführte Bewerber können die verhängte Sperrfrist einfach durch einen neuen Antrag bei einer anderen Behörde umgehen. Die Erteilung einer Fahrerlaubnis sollte nach einem Manipulationsversuch grundsätzlich vorläufig versagt und dieser Hinweis im Zentralregister beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) vermerkt werden. Darüber hinaus stellen die vorsätzlichen, geplanten und mit erheblichem Aufwand durchgeführten Manipulationen nach aktuellem Rechtsstand weder eine Straftat noch Ordnungswidrigkeit dar. Hier besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf.“

Umgang mit Fahrassistenzsystemen

Eine weitere Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) betrifft den Einsatz von Fahrassistenzsystemen in der Fahrerlaubnisprüfung. Waschke:

„Fahrassistenzsysteme erhöhen den Fahrkomfort und die Fahrsicherheit. Allerdings nur dann, wenn Fahrer die Systeme zur Unfallvermeidung richtig einsetzen. Der TÜV-Verband empfiehlt daher, den Umgang mit Sicherheits- und Assistenzsystemen systematisch in den Fahrschulunterricht aufzunehmen. Mit der Änderung der Fahrerlaubnisverordnung schafft der Bundesrat jetzt die Voraussetzungen dafür, diese Kompetenzen in die Fahrerlaubnisprüfung einzubeziehen. Das ist ein dringend notwendiger Schritt, denn ab Juli 2022 wird die Ausrüstung von neuen Fahrzeugtypen mit zahlreichen Fahrerassistenzsystemen zur Pflicht.“

„Mit Blick auf die zukünftige Verkehrssicherheit müssen Fahrer wissen, wie Fahrassistenzsysteme unterstützen, in welchen kritischen Situationen sie greifen oder wann Auto-Piloten teilweise oder vollständig übernehmen und sie müssen wissen, wo deren Grenzen sind. Systeme, die aktiv bei der Bewältigung einer Fahraufgabe unterstützen wie beispielsweise Adaptive Geschwindigkeitsregelanlage, der Spurhalteassistent mit Lenkeingriff oder der Aktive Spurwechsel-Assistent, sollten obligatorisch in der Ausbildung und Prüfung einbezogen werden.“

„Bedauerlich ist jedoch, dass die Verordnung keine verbindlichen Vorgaben für die Ausrüstung von Prüffahrzeugen mit Fahrassistenzsystemen macht. Prüffahrzeuge ohne Fahrassistenzsysteme sind nicht mehr zeitgemäß und enthalten Fahrschülern wichtige Ausbildungsinhalte vor. Nach Ansicht des TÜV-Verbands sollten Prüfungsfahrzeuge der Klasse B ab 2024 und Prüfungsfahrzeuge der Klassen C1, C, D1 und D ab 2028 über Systeme verfügen, welche die Längs- und Querführung des Fahrzeugs aktiv und kontinuierlich übernehmen.“