Die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in deutsches Recht soll Unternehmen künftig zur Veröffentlichung umfassender Nachhaltigkeitsberichte verpflichten. Ein zentraler Aspekt ist die externe Prüfung dieser Berichte. Der aktuelle Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums sieht jedoch vor, diese Aufgabe ausschließlich Wirtschaftsprüfern vorzubehalten – und ignoriert damit bewusst das von der EU eingeräumte Wahlrecht der Mitgliedstaaten, auch unabhängige Prüfdienstleister zuzulassen. Der TÜV-Verband plädiert klar für eine Öffnung des Prüfungsmarktes: Für mehr Qualität, Effizienz, europäische Rechtskonformität – und für eine erfolgreiche Umsetzung der CSRD.
Qualifizierte Prüfdienstleister einbinden – bestehende Kompetenzen nutzen
Die Anforderungen an die Prüfung von Nachhaltigkeitsinformationen unterscheiden sich deutlich von der klassischen Finanzberichterstattung. Technische Prüfdienstleister wie die TÜV-Organisationen verfügen über fundierte Expertise in Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen und wenden bereits heute etablierte ISO- und CEN-Normen an, die große Teile der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) abdecken.
Durch die Integration unabhängiger Prüforganisationen kann auf bestehende Kapazitäten zurückgegriffen werden – ohne Reibungsverluste, ohne neue Strukturen. Dies unterstützt Unternehmen bei der fristgerechten Erfüllung ihrer Berichtspflichten und erhält bestehende Mandate von Wirtschaftsprüfern, etwa im Mittelstand.
Europäische Harmonisierung sicherstellen – Wettbewerbsverzerrung vermeiden
Mehrere EU-Mitgliedstaaten – darunter Frankreich, Österreich und Spanien – haben das Marktöffnungsrecht der CSRD bereits genutzt und unabhängige Prüforganisationen zugelassen. Ein Ausschluss dieser Anbieter in Deutschland würde den Binnenmarkt fragmentieren, den Wettbewerb einschränken und möglicherweise gegen europäisches Primärrecht verstoßen.
Ein Rechtsgutachten der Kanzlei Noerr bestätigt: Die nationale Umsetzung darf nicht gegen die Berufs- und Unternehmensfreiheit der EU-Grundrechtecharta verstoßen. Bleibt der Gesetzentwurf unverändert, drohen Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof.
Marktkonzentration verhindern – Angebotsvielfalt sichern
Schon heute ist der Markt für Finanzprüfung hoch konzentriert. Wird die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten ausschließlich den bestehenden großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vorbehalten, droht eine weitere Machtverlagerung. Ein offener Prüfungsmarkt mit einer Auswahl an qualifizierten Anbietern garantiert hingegen faire Preise, unabhängige Bewertungen und echte Wahlfreiheit für Unternehmen.
Die CSRD eröffnet drei Prüfoptionen – der deutsche Gesetzentwurf beschränkt sich jedoch auf zwei. Die Möglichkeit, auch akkreditierte unabhängige Prüforganisationen zuzulassen, bleibt unerwähnt. Das ist ein unnötiger regulatorischer Engpass.
Akkreditierung als verlässlichen Kompetenznachweis nutzen
Die Akkreditierung ist ein bewährtes, europarechtlich abgesichertes Instrument zur Qualitätssicherung. Mit der DIN EN ISO/IEC 17029 steht bereits eine international etablierte Norm zur Verfügung, die auch für die Prüfung von Nachhaltigkeitsinformationen geeignet ist. Sie gewährleistet hohe Standards in den Bereichen Unabhängigkeit, Qualifikation und Verfahrenssicherheit.
Akkreditierungen ermöglichen es, Prüfer flexibel auf neue Anforderungen auszurichten – im Einklang mit dem europäischen Rechtsrahmen. Nationale Behörden sind laut EU-Verordnung ausdrücklich angehalten, Akkreditierung als bevorzugtes Verfahren zur Kompetenzbestätigung zu nutzen.
Funktionierendes und wirtschaftlich tragfähiges Aufsichtsregime der DAkkS nutzen
Die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) erfüllt als beliehene hoheitliche Stelle sämtliche Anforderungen zur Überwachung unabhängiger Prüfdienstleister. Sie prüft Kompetenz, Unparteilichkeit und Qualität auf Grundlage von EU-Recht, ISO-Normen und nationalen Vorgaben. Das bestehende Aufsichtssystem ist leistungsfähig, kostenwirksam und sofort einsetzbar – neue staatliche Strukturen sind überflüssig.
Konkreter Vorschlag zur Gesetzesänderung
Die Einbindung unabhängiger Prüfdienstleister lässt sich mit einer klaren, rechtstechnisch einfachen Ergänzung des § 324e HGB-E umsetzen. Der TÜV-Verband schlägt folgenden neuen Absatz 3 vor:
„Daneben können unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen im Sinne des Art. 2 Nr. 20 Richtlinie 2013/34/EU als Konformitätsbewertungsstellen, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates für die in Artikel 34 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe aa der Richtlinie 2013/34/EU genannte Konformitätsbewertung akkreditiert sind, Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts sein.“



