Warum eine zukunftsfähige Akkreditierung entscheidend ist
Die Akkreditierung ist ein oft unterschätzter, aber essenzieller Bestandteil der deutschen Qualitätsinfrastruktur. Sie bestätigt die fachliche Kompetenz von Konformitätsbewertungsstellen wie Prüf- und Zertifizierungsorganisationen. Ohne eine funktionierende Qualitätsinfrastruktur wäre das deutsche Bruttoinlandsprodukt um rund 320 Milliarden Euro geringer.1
Doch das aktuelle Akkreditierungssystem steht unter Reformdruck: Die Verfahren sind häufig langwierig, die Anforderungen nicht einheitlich ausgelegt und das Potenzial digitaler Prozesse wird bislang kaum ausgeschöpft. Der TÜV-Verband setzt sich in seinem aktuellen Positionspapier für eine strategische und praxisnahe Modernisierung der Akkreditierung ein – mit dem Ziel, Deutschland als Benchmark für Europa zu positionieren.
Was muss sich ändern? Sechs Handlungsfelder für eine leistungsstarke Akkreditierung
1. Akkreditierung als politisches Thema sichtbar machen
Aktuell fehlt der Akkreditierung die nötige politische Priorität. Eine nationale Akkreditierungsstrategie, entwickelt im Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und DAkkS, soll die Rolle der Akkreditierung stärken – national wie europäisch. Das klare Mandat dafür sollte beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie liegen. Für die Akkreditierungspraxis sollte zudem eine unabhängige Evaluierungskommission zur systematischen Weiterentwicklung eingesetzt werden
2. Dienstleistungsqualität und Wirtschaftsnähe steigern
Unnötig lange Verfahren, mangelnde Flexibilität und fehlende Übergangsregelungen belasten Unternehmen. Die DAkkS hat eine Reduktion der Zeiten bei Neuakkreditierungen und die Prüfung auf Vereinfachungen angestoßen. Die Politik sollte diesen Prozess unterstützen und konsequent auf ein verbindliches Zeit- und Qualitätsmanagement achten sowie die DAkkS anhand messbarer Ergebnisse beurteilen. Die DAkks sollte daher Unterstützung bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Verkürzung des Zeitrahmens für Neu- und Reakkreditierungen erhalten. Nötig wäre außerdem ein gesetzlich verbindlicher Zeitrahmen von maximal neun Monaten, eine unabhängige Ombudsstelle für Beschwerden und Verbesserungsvorschläge der Konformitötsbewertungsstellen sowie eine verpflichtende jährliche Service-Evaluierung der DAkks durch externe Prüfer.
3. Keine nationalen Sonderwege – für ein einheitliches Level-Playing-Field
Nationale Sonderwege in der Akkreditierungspraxis führen aktuell zu Nachteilen für deutsche Unternehmen im europäischen und internationalen Wettbewerb. Wichtig wäre, die Anwendung europäischer Normeninterpretationen verbindlich festzulegen, einen unabhängigen Prüfmechanismus für die Normenauslegung der DAkks einzurichten und für das BMWE ein Vetorecht gegen nationales Sonderwege einzurichten.
4. Mehr Transparenz durch echte Stakeholder-Einbindung
Die Beteiligung von Wirtschaftsakteuren, Fachverbänden und Konformitätsbewertungsstellen in die Akkreditierungspraxis ist aktuell unzureichend. Einwürfe des Akkreditierungsbeirat (AKB) des BMWE werden meist nicht durchgreifend berücksichtigt. Dadurch fehlt es an Akzeptanz, Transparenz und Praxistauglichkeit der Verfahren. Der TÜV-Verband empfiehlt daher, den AKB duzrch verbindliche Rechte zu stärken, regelmäßige Stakeholder-Dialogformate einzuführen sowie die DAkks zur Berücksichtigung von und die Rückmeldung zu fachlichen Stellungnahmen von Stakeholdern zu verpflichten.
5. Bürokratie abbauen und Digitalisierung vorantreiben
Redundante Nachweise, medienbruchhafte Kommunikation und analoge Prozesse verursachen hohe Kosten und zeitliche Verzögerungen. Eine durchgängig digitale Prozesskette – von Antragsstellung bis Akkreditierungsurkunde – ist längst überfällig. Wichtig ist nun, ein Digitalbudget für DAkkS-Prozesse zu ermitteln und bereitzustellen, eine digitale Plattform mit „Once-Only“-Prinzip aufzubauen, eine Evaluierungskommission zur Identifizierung systemischer Ineffizienzen einzurichten, KI-gestützte Tools zur Normenrecherche, für die Scope-Pflege und Konsistenzprüfung einzuführen sowie verbindliche Fristen für digitale Umsetzungen festzulegen.
6. Klare Governance-Strukturen schaffen
Die geteilte Verantwortung für die DAkks zwischen Bund, Ländern und Wirtschaft erschwert eine einheitliche Aufsicht. Um strategische Steuerung und klare Zuständigkeiten zu ermöglichen, braucht es eine abgestimmte Governance mit der Bündelung der Aufsicht beim BMWE, einem verbindlichen Governance-Rahmen zwischen den Beteiligten und der Einrichtung eines ständigen strategischen Lenkungsausschusses sowie die Einführung klarer Transparenz- und Rechenschaftsmechanismen.
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Quellen
1 Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK); Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM): Studie zur Bedeutung der Qualitätsinfrastruktur, Berlin 2021, S. 13.



