Sommerrodelbahnen: Fahrspaß mit Risiken

Hohe Sicherheitsstandards und regelmäßige Prüfungen gewährleisten hohes Schutzniveau. Eigenverantwortung der Fahrgäste notwendig. TÜV-Verband warnt vor Unfällen durch Leichtsinn. Was Insassen vor und während der Fahrt beachten sollten.

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Berlin, 28. Mai 2025 – Sie heißen Alpine Coaster, Mountain Coaster, Trapper Slider oder Bocksbergbob: Sommerrodelbahnen gelten als familienfreundlicher Freizeitspaß mit Adrenalinkick. Doch auf den Bahnen kommt es immer wieder zu Unfällen mit zum Teil schweren Verletzungen. In der Regel sind technische Mängel selten die Ursache, sondern Fehlverhalten der Nutzer:innen. Vor allem Auffahrunfälle sind ein Risiko. „Fahrten in einer Sommerrodelbahn wirken harmlos, sind aber durchaus anspruchsvoll“, sagt André Siegl, Experte für Anlagensicherheit beim TÜV-Verband. „Häufig unterschätzen Fahrgäste die Dynamik, die ohne Motor entstehen kann. Vermeintliche Kleinigkeiten wie zu dichtes Auffahren, falsches Bremsen oder zu schnelle Kurvenfahrten können auf der Strecke fatale Folgen haben.“ Zusätzlich wirken Regen oder Nässe sich negativ auf Fahr- und Bremsverhalten aus. Je nach Wetterlage müssen die Bahnbetreibenden die Anlage schließen, bis sie soweit getrocknet ist, dass ein sicherer Betrieb möglich ist. Der TÜV-Verband erklärt, woran Fahrgäste sichere Anlagen erkennen und worauf es bei der Nutzung ankommt.

Unterschiedliche Systeme: Hohe Geschwindigkeiten auf Schienenrodelbahnen

Bei Sommerrodelbahnen unterscheidet man zwei Bauarten: Rinnen- oder Wannenrodelbahn und Schienenrodelbahn. Rinnen- oder Wannenrodelbahnen bestehen aus offenen oder halboffenen Wannen – meist aus Edelstahl, seltener aus Faserbeton oder Kunststoff. Die Schlitten werden nicht geführt, sondern gleiten frei in der Rinne. Das vermittelt ein intensives Fahrgefühl, birgt aber auch Risiken. „Bei zu hoher Geschwindigkeit besteht die Gefahr, dass die Schlitten ins Schlingern geraten oder in Kurven sogar aus der Bahn fliegen, selbst wenn die Kurven als Steilkurven ausgeführt sind um den Schlitten in der Bahn zu halten“, sagt Siegl. Gebremst wird per Handhebel: Wird der Hebel angezogen, drückt eine Bremsklappe auf die Bahn – je nach Feingefühl genau richtig, zu sanft oder zu heftig. „Wer abrupt abbremst oder gar mitten in der Kurve bremst, riskiert Kontrollverlust oder einen Stillstand in der Bahn“, erläutert Siegl. „Auffahrunfälle sind ein häufiges Problem, da nachfolgende Fahrer nicht rechtzeitig reagieren können.“

Schienenrodelbahnen sind technisch anspruchsvoller. Die Schlitten laufen fest auf einem zwangsgeführten Schienensystem. Ein Herausschleudern oder Umkippen ist praktisch ausgeschlossen, sofern die Insassen richtig angeschnallt sind. Die Schienen erlauben eine dynamische Fahrweise mit Spitzengeschwindigkeiten bis zu 40 km/h. Die Schattenseite: Auch hier sind Auffahrunfälle möglich, zum Beispiel, wenn Fahrgäste unvermittelt bremsen oder den Sicherheitsabstand nicht einhalten. Moderne Bahnen verfügen über automatische Bremssysteme oder Überwachungseinrichtungen, um solche Kollisionen zu verhindern. An den meisten Fahrstrecken sind gut sichtbare Hinweisschilder, wie z. B. „Langsam Fahren“ oder „Bremsen“ angebracht, doch ein sicheres Verhalten der Nutzer:innen ist dadurch nicht garantiert.

Sicherheitsstandards und unabhängige Prüfungen

In Deutschland unterliegen Sommerrodelbahnen hohen sicherheitstechnischen Anforderungen. Grundlage dafür ist seit 2018 die internationale Norm DIN ISO 19202. Sie regelt detailliert Planung, Bau, Betrieb und Prüfung – jeweils angepasst an den jeweiligen Bahntyp. Bevor eine Bahn erstmals in Betrieb gehen darf, ist eine sicherheitstechnische Erstprüfung durch eine unabhängige Prüfstelle, etwa ein TÜV-Unternehmen, gesetzlich vorgeschrieben. Danach folgen jährlich wiederkehrende Prüfungen, meist vor Saisoneröffnung. Die Ergebnisse werden den zuständigen Bauaufsichts- und Genehmigungsbehörden vorgelegt. Auf ihre Funktionalität geprüft werden unter anderem Schlitten, Bremssysteme, Rückhalteeinrichtungen (Sicherheitsbügel und Gurte), Not-Stopp-Vorrichtungen, Lichtschranken und Rettungswege. Die Betreibenden sind verantwortlich für die Beauftragung der Prüfungen und den sicheren Betrieb der Anlagen. „Ein Blick auf die Prüfplakette am Einstieg zeigt, ob die Bahn regelmäßig kontrolliert wurde“, sagt Siegl. „Doch Sicherheit liegt nicht nur in der Technik, sondern auch in der Verantwortung jedes Einzelnen. Sommerrodelbahnen erfordern Aufmerksamkeit, Rücksicht und Disziplin – nur so wird aus einem Abenteuer ein sicheres Erlebnis.“

Was Fahrgäste beachten sollten

So verlockend es auch ist, sich einfach reinzusetzen und loszudüsen – ein Blick auf Regeln und Technik kann den Unterschied zwischen einem unbeschwerten Abenteuer und einem missglückten Ausflug ausmachen. Damit die Fahrt mit der Sommerrodelbahn ein sicherer Nervenkitzel bleibt, empfiehlt der TÜV-Verband folgende Sicherheitsmaßnahmen:

  1. Hinweisschilder ernst nehmen und Regeln befolgen
    Vor jeder Fahrt sollten Fahrgäste die Betriebsvorschriften und Sicherheitshinweise an der Anlage aufmerksam lesen. Besonders wichtig sind Hinweise zur richtigen Körperhaltung, zum Bremsverhalten und zur Nutzung von Sicherungssystemen – diese variieren je nach Bauart der jeweiligen Bahn.
  2. Abstand halten – besonders auf Schienenanlagen
    Auf Schienenrodelbahnen gilt ein fester Sicherheitsabstand von mindestens 25 Metern. Wenn der vordere Schlitten plötzlich stoppt, erhöht sich das Auffahrunfallrisiko bei zu geringem Abstand.
  3. Geschwindigkeit kontrollieren – vor allem in Rinnen- oder Wannenbahnen
    In Rinnen- oder Wannenrodelbahnen müssen die Fahrgäste ihre Geschwindigkeit selbst steuern, da die Schlitten meist keine automatische Begrenzung haben. Daher müssen Fahrende besonders in Kurven und bei starkem Gefälle auf ihr Bremsverhalten achten.
  4. Richtig sitzen und sichern
    Bei Schienenrodelbahnen sind oft Anschnallgurte vorgeschrieben, Rinnen- oder Wannenanlagen sind meist mit Haltebügeln, manchmal zusätzlich noch mit Gurten ausgerüstet. In beiden Fällen gilt: Rückhaltesysteme nutzen, ruhig sitzen bleiben, Füße nicht aus dem Schlitten strecken und keinesfalls während der Fahrt filmen.
  5. Kinder altersgerecht begleiten
    Achten Sie auf die Alters- und Größenbeschränkungen der jeweiligen Bahn. Viele Anlagen erlauben es Kindern bis sieben Jahren, nur in Begleitung eines Erwachsenen zu fahren. Ab acht Jahren dürfen Kinder in der Regel alleine fahren – aber nur, wenn sie zuvor gut eingewiesen wurden, insbesondere zum richtigen Bremsen und Verhalten bei Störungen.
  6. Alkohol- und Drogenkonsum verboten
    Alkohol- und Drogen sowie in einigen Fällen auch Medikamente können geistige und körperliche Koordination, Reaktionsfähigkeit und Urteilsvermögen der Nutzer:innen beeinträchtigen. Um die eigene Sicherheit und die der anderen Nutzer:innen nicht zu gefährden, gilt grundsätzlich ein Verbot.